Ev. Religionsunterricht durch Wanderlehrer im Kreis DAUN bis 1957

Das geschwisterliche Miteinander von katholischen und evangelischen Christen ist seit der Refor­mation und im engeren Sinne im Kreis Daun seit der Über­nahme Preußens immer wieder größeren Schwankungen unterworfen gewesen. Vor allem ist es nicht einfach in der ev. Diaspora den im ganzen Kreis verstreuten evangelischen Kindern Religionsunterricht zu erteilen.
In den Schulen ist das nur vereinzelt möglich, so dass Religionsunterricht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist.

Seit 1852 bemüht sich Pfarrverweser Bernhard Pröller um die Einrichtung einer Wander­schule mit einem Wanderlehrer und um die Bereitstellung der nötigen finanziellen Mit­tel; die Besetzung erfolgt jedoch erst nach seinem Weggang von Wittlich an die Hospitalkir­che in Erfurt.

Pfarrer Kissling schreibt 1895 in seiner Chronik: "Es war natürlich, dass man in der kath. Umgebung die ev. Erkenntnis auch durch eine eigene Schule in die Kinder zu pflanzen u. sie zu fördern suchte. Das hohe Ministerium bewilligte unterm 11. Mai 1854 zur Anstellung eines Wan­derlehrers auf 10 Jahre einen jährlichen Zuschuss v. 120 Thalern (näml. 50 Thaler aus dem Dispositi­onsfonds u.70 Thaler auf den Staats­haushalts Etat gesetzt). Unter Zustimmung der Königlichen Regierung in Trier wurde der vom Prov. Ausschuss der in­neren Mission gesandte Lehrer Martin Luther (ein direkter Nachkomme des großen Re­formators) als com(m)issar. Wanderlehrer für die Kreise W. u. Daun ein­geführt."  

Schulunterricht für die evangelischen Kinder hielt, nach der Wittlicher Schulchronik, in den Jahren 1854-56 (vom 09.09.1854 bis Ende Februar 1856) der Wander-Leh­rer Martin Luther, der einmal pro Woche zum Unterricht auch nach Daun kam, immer zu Fuß unterwegs in den beiden Kreisen Wittlich und Daun.
Luthers Wandertour, Sommer wie Winter, bei Wind und Wetter:
1.Woche: Himmerod (13km), Eichelhütte (4km), Eisenschmitt (2km), Manderscheid (13km), Daun (15km), Manderscheid (15km), Eichelhütte (15km), Wittlich (17km) insgesamt 94 km.
2. Woche: Wittlich, Ürzig (13km), Bonsbeuern (15km), Kalbergerhof (30km), Himmerod (25km), Eichelhütte (4km), Manderscheid (15km), Daun (15km), insgesamt 117 km.
3. Woche: Daun, Manderscheid (15km), Eichelhütte (15 km), Himmerod (4 km), Ürzig (22 km), Melchhof (7 km), Bonsbeuern (4 km), Kalbergerhof (30), Witt­lich (14 km) insgesamt 111 km

Das sind in drei Wochen ca. 322 km, macht im Jahr 5.587 km zu Fuß!
Pfarrer Kissling schreibt weiter: Nachdem derselbe eine Zeitlang in je einem Zeitraum von 14 Tagen ab­wechselnd an 5 Stationen Unterricht erteilt hatte, bestimmte die Königliche Regierung 1856, dass er fortan nur an 3 Stationen im Kreis Wittlich zu unterrichten habe und zwar an je aufeinanderfolgenden Tagen in al­len Fächern – der Kreis Daun ward ausge­schlossen und blieb es längere Zeit.

Nachdem die Wanderschule bis 1878 im Kreise Wittlich durch Aspiranten fortge­führt wurde, während Daun verzichtet hatte, bestimmte die Königliche Regierung, dass fortan keine Aspiranten mehr angestellt wer­den sollten. Infolge des damaligen Leh­rer-Mangels blieb die Stelle von 1878-1884 unbesetzt. Die Kgl. Regierung betrach­tete dieselbe indessen als fortbestehend, nur nicht besetzt. Endlich 1884 wurde auf wiederholtes Bitten des Wittli­cher Presbyteriums die Wander­schule durch den Herrn Kultusminister wieder ins Leben geru­fen. Nun aber wurde bestimmt, dass der Lehrer in den 2 Kreisen W. und Daun nur den schul­planmäßigen Religionsunterricht erteilt. Die Schule hat seit dem in der Weise bestan­den, dass der Lehrer in je 2 aufeinander folgenden Wochen im Kr. Wittlich an mehreren Statio­nen in der 3 ten Woche [14] im Kr. Daun auch an einigen Stationen an bestimmten Ta­gen in der Religion unterrichtet, während sie den Unterricht in den übrigen Elementar Unterrichtsfächern in der betreffenden kath. Ortsschule genießen.

Im Kr. Daun waren es bisher die Stationen Daun, Gerolstein, Neroth, Üdersdorf. [Lehrer Haferkamp in Wittlich, der sich intensiv mit der Schulgeschichte befasst hat, nennt im Oktober 1954 zum 100-jährigen Schuljubiläum noch Kasselburg und zwar alle drei Wochen auf ihrer „großen“ Tour. fuhren mit der Bahn bis Ehrang und unterrichteten in Schweich, Quint, Cordel, Birresborn, Gerolstein, Jünkerath, Kasselburg, Neroth, Daun, Üdersdorf und Manderscheid.]  

Der Unterricht findet meist in den Häusern der Eltern statt, auch - wo der kath. Schu­linspek­tor tolerant ist - in der Ortsschule.
Der 1 te Lehrer dieser Religions- Wanderschule war Dessauer, der von 1884 bis 89 fun­gierte.
Am 6. April 1890 kam Lehrer Diehl an die Stelle. Dann folgte Lehrer Wagner aus Burbach b. St. Johann von 1893-95, alle klagten über die weiten Reisen in den Kr. Daun.

Die Kgl. Regierung u. das Konsistorium scheinen die Absicht zu haben, dem Nach­folger Kohlhaas nur den Kreis Wittlich u. die Kinder von Schweich, dagegen den künftigen Pfr. Vikar von Gerolstein den schulplanmäßigen Religionsunterricht im Kreis Daun zu übertragen. Indessen die Verhandlungen hierüber schweben noch. Dem Lehrer wird von der Königlichen Regierung ein Gehalt von 1100 M gewährt."

Wanderlehrerstelle kommt in den Kreis Daun

Wie zuvor Pfarrer Kissling vermutet, übernehmen ab 1889 die Kandidaten Strauß und Fischer, die als Privatlehrer in Gerolstein beschäftigt gewesen sind, und die Pfarrvikare Schröder und Best bis 1902 auch noch den Unterricht im Kreis Daun.

Als 1902 die ev. Volksschule in Wittlich gegründet wird, wird die Wittlicher Wan­derleh­rerstelle durch besondere Order nach Gerolstein verlegt. Von Gerol­stein aus werden die evangelischen Kinder beider Gemeinden im Kreis Daun mit Religionsunterricht einmal wöchentlich versorgt. Im Herbst 1926 will die Regie­rung die sachlichen Kosten der Wan­derlehrerstelle auf die Kirchengemeinden Daun und Gerolstein abwälzen und ihnen einen Betrag von 500.-Mark aufbür­den. Das Presbyterium lehnt es ab [Festschrift Gerolstein S.61]

Zu Zeiten des Nationalsozialismus kommt die Wanderlehrerstelle zwischenzeitlich zum Erliegen.

 

Wohin mit den „Evangelischen“?

Nach dem 2. Weltkrieg ist es das Verdienst von Superintendent Wiebel, Pfarrer der Ge­meinden Gerol­stein und Daun, die Wander-Lehrer­stelle wieder durchzu­setzen und einzurichten. Jedoch hat man bei der Verabschiedung der Landesverfassung Rheinland-Pfalz über­sehen, diese besondere Einrichtung hier in der Eifelregion, genauer die besondere Situation im Kreis Daun, gesetzlich zu verankern. Einerseits ist ver­fassungsgemäß evangelischen Schülerinnen und Schülern Religionsunterricht zu erteilen, andrerseits einen Religionslehrer mit einem einzigen Dienstverhältnis an 30 oder 40 Schulen – das gibt es nicht!

Als man den Mangel bezüglich der übersehenen Diaspo­ra-Situation erkennt, nimmt sich allerdings der Herr Minis­terpräsident Altmeyer der schulischen Betreuung dieser religiösen Min­derheit mit besonderer Sorgfalt an. Pfarrer Köhler ist zu mehreren Gesprächen zur Landesregierung nach Mainz gereist. Im Oktober 1953 findet sich keine Lehrkraft mehr für diesen Dienst.

Seit 1953 bemüht man sich um eine eigene ev. Volksschule für Daun, aber die Anträge wer­den abschlägig beschieden. Auch am 17.12.1955 wird der An­trag zur Errich­tung einer ev. Volksschule Daun von der Bezirksregierung in Trier abgelehnt.

1957-58 stellt die ev. Kirchenge­meinde Daun wiederum Anträge auf eine ei­gene ev. Volks­schule. Dabei stellt sich für die Stadt Daun die Frage: Gibt es in Daun genü­gend ev. Schüler? Und wo sollen die evangelischen Schüler und Schüle­rinnen unterrichtet werden?

Da nach dem 2. Weltkrieg die Dauner Burg größtenteils in den Besitz der Stadt überge­gangen ist, wird die Möglichkeit diskutiert,
das Zehnthaus oder die Forstgebäude zur ev. Schule umzubauen [Eifelzeitung v. 27.10.1955 Nr. 251].

Die evangelische Volksschule Daun

Da aber auch die ehemalige Kgl. Oberförsterei (vormaliges Kurfürstli­ches Amtshaus) zum Verkauf ansteht und verschiedene evangelische Jugendver­bände Interesse u.a. für ein Kinderheim zeigten, ist der Landrat der Mei­nung, dass man nicht die ganze Burg in evange­lische Hände legen dürfe, da dies si­cherlich nicht der Inten­tion des Er­bauers entspreche. Bei der Er­weiterung der katholischen Volks­schule durch sogenannte Pavillonklassen ist der Wunsch der Evangelischen einen der Pa­vil­lons für eine ev. Klasse zu bekommen. Diesem Wunsch, insbe­sondere durch das Enga­gement von Pfarrer Köhler, wird nach vielem Hin und Her letztlich ent­sprochen.

Klassen 1-4 in einem Raum mit Frau Ingrid Muscheid, direkt vor dem Lehrerpult die 2. Klasse: in der Doppelreihe von links:

Ingeborg Zube und Frank Teschauer, Horst Werner Bongartz und Stefan Dausend, Wolfgang Ehrlich und (fehlt), Gerd v. Pütten und Petra Lange, Gabi Roth und Ilse Brück (verdeckt) [Bild von Fr. Ingeborg Zube 1966]

Am 15.04.1958 kann die ev. Volksschule ihren Unterricht aufnehmen.  36 Schüler und Schüler­innen in einer Klasse mit einem Lehrer.
1963 wird eine zweite Klasse mit eige­nem Lehrer eingerichtet.
1967 wird die ev. Volksschule Daun zweizügig (69 Kinder). Am 01.01.
1969 wird die kath. Volksschule Daun zweigeteilt in die Grund­schule (Klas­sen 1-4) und die Hauptschule (Klassen 5-8) [zitiert nach Facharbeit im Fach Geschichte: „Entstehung und Gesch. d. ev. KG Daun“ von Frau Lisa-Marie Scheiner, Daun, 1996, heute Schalkenmehren, Café Maarblick].
Seither wird die Einrichtung einer Simul­tan – Haupt – Schule angedacht und zum 01.09.
1969 umgesetzt, d.h. die Klassen 5-8 sind gemischt: katholisch und evange­lisch. Am 01.08.
1970 wird diese gemischte Unter­richtung auch von der Grundschule Daun übernommen.
Seitdem wird nur noch der Religionsunterricht getrennt er­teilt.